Manifest der Zeit

  1. „Zeit“ ist die einzige frei und bedingungslos zur Verfügung stehende Ressource. Egal wer, egal wo – Zeit ist immer und überall. Ihre Nutzung und Bewertung werden subjektiv erschaffen und erlebt. Das gilt auch für die eigene Lebenszeit.
  2. „Zeit“ ist für jede Existenz und Lebensform eine zwingend notwendige Ressource. Das gilt für die Entstehung der Welt genauso wie für die Entwicklung individuellen Lebens oder der soziokulturellen Evolution. Die Natur braucht Zeit, von der Nahrungsbeschaffung bis zur Fortpflanzung. Alle Prozesse, die der Lebenserhaltung dienen und zu Lebensqualität führen, nehmen Zeit in Anspruch. Der Wert der Ressource Zeit wird individuell interpretiert und ist variabel.
  3. Dennoch wissen wir wenig über die Zeit. Seit der Spätantike, seit Augustinus von Hippo, 354 – 430 n.Chr., sind wir keinen Schritt weiter: „Solange mich niemand danach fragt, ist’s mir, als wüsste ich’s; doch fragt man mich und soll ich es erklären, so weiß ich’s nicht.“
  4. Zeit hat keine Heimat, keine spezifische Wissenschaft, keinen Spartensender, keinen Anwalt, kein Museum. Zeit hat keine Lobby. Aber Zeit hat viele Zugänge und birgt viele Optionen, mit ihr umzugehen, sie einzuteilen und sie zu managen.
  5. Wir fordern die interdisziplinäre und interkultur-elle wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Zeitphänomenen und Erforschung der Zeitphänomene. Alle Wissenschaften haben ihren eigenen Zeitbegriff und -zugang. Aber es gibt keine fakultätsübergreifenden Erkennt-nisse, Erfahrungen, Perspektiven. Es gibt kein Institut und keinen Lehrstuhl für die Wissen-schaft der Zeit. Eine derartige Institutionali-sierung ist dringend erforderlich!
  6. Gerade weil wir physisch kein Organ für die Zeitwahrnehmung haben, ist die Sensibilisierung für die Zeit eine große kulturelle Aufgabe. Wir fordern als Ableitung der wissenschaftlichen Auseinandersetzung das immer und überall frei zugängliche virtuelle „Museum der Zeit“ – ein Ort, der die international gültigen ICOM-Museums-standards respektiert: Sammeln, Bewahren, Forschen, Präsentieren und Vermitteln. Und der als Kompetenzzentrum Zeit agiert.
  7. Wir haben konkrete geistige, formale, wissenschaftliche und wirtschaftliche Vorstellungen, wie mit der Zeit umzugehen ist. Wir sind gemeinsam bereit, sie zu teilen und zu fördern. 

 

Die Zeit braucht eine Heimat. In Wissenschaft und Kultur.

 

Düsseldorf / Köln, 30. Januar 2016

Die Unterzeichner

  • Reinhard Gröne, Düsseldorf
  • Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff, Düsseldorf
  • Dr. Bernd Günter, Düsseldorf
  • Hagen W. Lippe-Weißenfeld, Düsseldorf
  • Dr. Peter Lynen, Köln
  • Dr. Holger Simon, Köln
  • Dr. Achim Landwehr, Düsseldorf
  • Kulturdirektor Tobias J. Knobloch, Erfurt
  • Barbara Wolf, Bochum
  • Gerd Günter, Hildesheim
  • Dr. Gerd-Christian Weniger, Mettmann
  • Timm Krämer, Düsseldorf

Ich auch!

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