UhrLaub

UhrLaub

Dass Kunst ein zeitlicher Prozess ist, ist nicht nur konzeptioneller Bestandteil der fünf Arbeiten von Johannes Hartmann aus dem Jahre 1993: Erst mehr als zwanzig Jahre später erleben sie ihre „WeltUhrAufführung“ bei know time.

Am Anfang standen die Idee und das Machen. Erst, als die Uhren längst mit Blattgrün gefüllt waren und sich das Laub verfärbte, füllten sich die Uhrgefäße auch mit Gedanken. So gesehen ist UhrLaub kein konzeptionelles, sondern eher ein meditatives Werk.
Die fünf Zeitmessgeräte wurden Anfängen der 90er mit Laub befüllt. Ich konnte so dafür sorgen, dass die Uhren, die viele Jahre in Bahnhöfen oder Firmen ihren Dienst getan hatten und durch Digitalanzeige ersetzt worden waren, weiter angesehen wurden anstatt als Metallschrott zu verrosten.
Sie hingen mehrere Jahre als Ensemble in meinen Privaträumen, wurden bisher noch nie öffentlich gezeigt und gehören zu einer Serie weiterer Arbeiten mit Zeit-/Uhrenelementen.
Zum Hintergrund der Entstehung dieser Arbeit gehört mein Bedauern über das Verschwinden von Designs, die eigentlich zeitlos schienen. Zudem hatte ich mich darüber geärgert, dass es mit Beginn des Digitalzeitalters offenbar nur noch Zeitsprünge zu geben hatte – keine weiches Fließen mehr von Sekunde 8 zu Sekunde 9, sondern nur noch das harte: entweder 8 oder 9!
Komplexe Abläufe wie etwa der Verfall organischer Materie (Laub, Metall, Lebewesen…) oder fokussiertes Erleben (ein intensiv genossener Urlaub) einer Zeiteinteilung unterziehen zu wollen, es zu klassifizieren, birgt zwangsläufig immer auch die Gefahr, dass das Geschehen der rationalen Effektivität untergeordnet.
Eine Folge: Das Weilen und Innehalten, Staunen, Erleben, Genießen, Fantansie und anderes mehr verlieren ihren selbstverständlichen Wert. Die Magie muss weichen.
Und um der Magie willen, möchte ich weiteres Rätseln über sonstige Deutungsmöglichkeiten oder die Beantwortung der Fragen, weshalb ich beispielsweise anstatt Laub nicht mumifizierte Ratten (UhrEinwohner) oder Chinaböller (UhrKnall) in die Uhr gesteckt habe, den Betrachtern überlassen.

Bildnachweis: UhrLaub © by Johannes Hartmann, Hamburg